Nach der Begegnung mit dem doch nicht so furchteinflößenden Falken, entschied die kleine Maus sich am nächsten Tag mutig und neugierig auf den Weg nach draußen zu machen. Schließlich schien der Falke am Anfang auch sehr groß und bedrohlich, doch dann entpuppte er sich zu einem sehr freundlichen Vogel, der jetzt sogar ihr Freund wurde.
Es ist der nächste Tag. Gerade erst haben die ersten Sonnenstrahlen den Waldboden erreicht, schon erschien ganz langsam aus dem Mäuseloch die kleine spitze Nase der Maus. Anschließend folgten die Augen, dann die Ohren und schwups ihr restlicher Körper. Die Kleine Maus streckte sich in den warmen Sonnenstrahlen. Nach einem lauten Gähnen dachte sich die kleine Maus „Heute bin ich mal genau so mutig wie mein Freund der Falke!“ Ganz aufrecht und mit erhobenem Köpfchen machte sich die kleine graue Maus auf Ihren Weg.
Sie lief an großen Bäumen vorbei, nagte an Wurzeln und sammelte ein paar Nüsse, die sie auf ihrem Weg entdeckte. „Die werden bestimmt sehr lecker schmecken“, schmatze sie mit vollen Backen vor sich hin.
Nach einem langen Spaziergang stand sie vor einem hochgewachsenen Feld. Die langen Grashalme wuchsen dicht an dicht und ließen kaum einen Sonnenstrahl den Boden berühren.
Da fiel dem kleinen Mäuschen plötzlich eine Geschichte ein. Ihr Opa hat früher immer von einer riesigen Schlange mit giftigen Zähnen erzählt, die sich durch das Dickicht schlängelte und alles fraß, was ihr über den Weg lief.
Plötzlich ging die Maus nicht mehr so aufrecht und auch ihr Köpfchen näherte sich immer weiter dem Boden. Ihre kurzen Beine fingen fürchterlich an zu zittern und ihr fielen alle gesammelten Nüsse aus den Backen. „Oh je“, schluchzte die kleine Maus, “Was ist denn, wenn die Geschichten wahr sind? Ich wollte heute doch mutig sein!“ Das kleine Mäuschen packte entschlossen ihren Mut zusammen und ging langsam weiter- durch die hohen Grashalme.
Was es dort nicht alles zu entdecken gab. Marienkäfer auf den Blättern, ganze Armeen von Ameisen mit Proviant auf dem Rücken und ein- zweimal hüpften sogar Grashüpfer vorbei.
Plötzlich raschelt es. Und das Gras bewegte sich hin und her. Die Marienkäfer flogen weg, die Ameisen gingen immer schneller und die Grashüpfer hüpften mit großen Sprüngen davon.
Ein großes gelbes Auge blitze hervor. Vor Schreck konnte sich die kleine Maus keinen Millimeter mehr bewegen. „Tzzzzz wer bist du denn?“ züngelte die Schlange. „Ich?“ fragte das Mäuschen erschrocken, „Ich bin nur eine kleine graue Maus, mit vieeel zu viel Fell dran – ich schmecke bestimmt gar nicht!“. Die Schlange kam näher und ihr Zischen wurde lauter. „Wieso sollte ich denn eine Maus-s-s-s-s essen?“ Die kleine Maus schaute die Schlange stutzig an. „Also mein Opa hat mir immer Geschichten von einer Schlange erzählt, die giftige Zähne hat und alles frisst, was ihr über den Weg läuft.“ „Wirklich? So etwas wird über mich erzählt? Dabei habe ich gar keine giftigen Zähne. Die sind mir vor vielen Jahren ausgefallen, als ich versucht habe eine Nuss zu knacken. Schau her!“ die Schlange öffnete ihr Maul und tatsächlich, es sind keine Zähne zu sehen. Die Maus überlegte kurz. Ihr Opa hatte schon wirklich immer schlechte Augen. Vielleicht dachte er die Nuss sei eine Maus gewesen. „Das tut mir leid, ich dachte du wärst eine giftige Schlange, die mich essen will!“, erklärte die Maus. Die Schlange schaute die kleine Maus an und sagte: „I-s-s-s-s-t schon in Ordnung. Eine sooo alte Schlange wie ich, wäre sowieso viel z-z-z-u langsam für eine so schnelle und junge Maus, wie du es bist. Aber wenn ich ehrlich bin, würde ich schon gerne etwas essen. Was würde ich nur für ein paar Nüsse tun.“ Die Maus blickte zu der grünen Schlange mit den gelben Augen hoch und bat sie darum kurz zu warten. Schnell lief die Maus zu der Stelle an der sie ihre Nüsse fallen ließ. Sie schnappte sich so viele, wie in ihre Backen passten und rannte zurück zu der alten Schlange. „Hier! Ich habe heute ganz viele Nüsse gesammelt. Du kannst sie gerne haben!“ Die Maus legte die Nüsse vor sich hin. Die Schlange freute sich über das Geschenk: „Danke, mein kleiner Freund!“ Die kleine Maus freute sich ebenfalls sehr, an zwei Tagen hat sie zwei Freunde gewonnen. Nun hatte Sie keine Angst mehr vor dem Falken und auch nicht vor der – nicht so giftigen – Schlange. Nachdem die Schlange die Nüsse aufgegessen hat, verabschiedeten sich die zwei neuen Freunde von einander und die Maus machte sich weiter auf den Weg durch das hohe Gras.